Tipps für Autoren

Sie haben die Geschichte zu Ende geschrieben, hier und da korrigiert, die automatische Rechtschreibkorrektur drüberlaufen lassen — Sie haben es geschafft. Wirklich?

Statt das Manuskript gleich auf die Reise zu schicken, zu uns oder einem anderen Verlag, sollten Sie ernsthaft überlegen, ob der Text tatsächlich schon fertig ist. Meistens ist er das nicht. Menschen, die eine Geschichte, Roman, Drehbuch etc. in einem Rutsch druckfertig schreiben, sind so häufig anzutreffen wie Schumachers oder Vettels. Alle anderen müssen sich damit abfinden, dass jetzt die Arbeit beginnt, nachdem sie mit der ersten Niederschrift ihren Spaß hatten.

Lassen Sie den Text eine Weile in Ruhe und gehen Sie danach an eine Überarbeitung. Möglicherweise sind Ihnen in der Zwischenzeit neue, bessere Ideen gekommen, die den Stoff dramaturgisch aufwerten. Bei der Durcharbeitung fallen Ihnen aber sicher auch noch Stellen auf, die holprig, unverständlich sind oder vielleicht etwas hölzern wirken.

Schauen Sie sich vor allem den Anfang an. Zieht der den Leser in die Geschichte hinein? Erzeugt er beim Leser Bilder im Kopf, sodass sich die Handlung in dem entstehenden gedanklichen Raum entwickeln kann? An dem Punkt wäre ein erster Testleser hilfreich, den Sie das ebenfalls fragen sollten.

Immer wieder finden sich in Manuskripten lange Passagen, in denen der Autor das Interieur, die Szenerie beschreibt, die Zeit, in der die Story spielt und wie sich die Technik und/oder gesellschaftlichen Umstände dahin entwickelt haben. Solche Aufzeichnungen sind für den Autor sinnvoll, um sich den Hintergrund seiner Story an die "Wand" zu projizieren. Doch er sollte diese Aufzeichnungen nicht einfach dem Leser vorwerfen, als würde er sagen: "Hier, mach dir selbst 'ne Geschichte draus!" Solche Erläuterungen lassen sich fast immer in Nebensätze packen, in Dialoge oder in Gedanken eines der Protagonisten. Stellen Sie sich bei verdächtigen Textteilen die Frage: "Wer spricht da, die Figur oder etwa der Autor?" Der jedoch sollte in der Geschichte nicht vorkommen.

Sie möchten, dass der Lektor ihr Manuskript mag. Wenn dieser jedoch schon im ersten Satz auf Fehler stößt und im Folgenden noch etliche mehr, dann liest er nur noch unlustig weiter. Manche Schreiber halten Kommata für nicht so wichtig. Kommas strukturieren aber die Sätze so, dass der Leser leichter über Sätze und Nebensätze durch den Text gleitet. Sind Kommas nicht oder falsch gesetzt, stockt das Lesen immer wieder und wird mühsam. Unlust und Mühe wirken sich aber sicher auf das Urteil des Lektors aus.
Die automatische Rechtschreibkorrektur Ihres Textprogramms genügt nicht. Sie sollten sich darauf einlassen, den Text mehrmals Korrektur zu lesen bzw. lesen zu lassen. Erst nur auf Rechtschreibfehler, auf grammatische Fehler, auf Kommafehler, und schließlich überprüfen Sie noch Wortbilder, bei denen Sie nicht absolut sicher sind. Scheint der Autor zu sehr bemüht, seiner Meinung nach elegante Wortbilder und Formulierungen zu schaffen, die aber nicht richtig passen oder schlicht falsch sind, wird der Lektor den Autor und das Manuskript nicht mehr ernst nehmen können.

Noch einmal zurück auf Anfang -- bevor Sie überhaupt anfangen, die Story aufzuschreiben: Denken Sie daran, ihren Protagonisten Charakter zu geben. Einfach sich einen Typen auszudenken und den handeln zu lassen, kann dazu führen, dass er oder sie oder alle Figuren blass und für den Leser unsichtbar bleiben. Denken Sie sich für jede Figur eine Biographie aus, je nach Bedeutung mehr oder weniger detailliert und weit in die Vergangenheit reichend. Auf diese Weise gewinnen zunächst einmal Sie selbst ein Bild von ihren Figuren. Und schließlich bekommen die dann auch für den Leser mehr Tiefe.


Die Illustrationen auf diesen Seiten stammen von Susanne Wustmann und Michael Thiele.

Bernd Behr, Dezember 2014





– zum Menü